07.05.2021
Besinnungsworte zum 09.Mai 2021
Besinnungswort von Pastorin Kerstin Gommel, Suhl
„Der Mensch, dieser gewitzigte Kopf, sinnt fast Tag und Nacht darüber nach, wie er zur Verstärkung des Lärms immer neue Mittel erfinden und mit größtmöglicher Hast das Geräusch und das leere Gerede möglichst überallhin verbreiten kann.“ Dieser Satz wurde 1851 vom dänischen Philosophen Sören Kierkegaard geschrieben.
170 Jahre später leben wir in einer seltsamen Welt. Für manche ist es im Moment tatsächlich zu laut; sie wissen nicht wo vorn und hinten ist inmitten von Videokonferenz mit dem Chef und tobenden Kindern auf dem Teppich. Andere sind ausgebremst und haben nichts zu tun oder müssen Aufgaben erfinden, um sich nützlich vorzukommen. Um wieder andere ist es sehr still geworden und das Telefon ist der wichtigste Draht zu Außenwelt. Und in all dem überschlagen sich Nachrichten, Meinungen, Prognosen, Gerüchte und Fake News. Mittlerweile sehen wir zwar Licht am Ende des Tunnels. Aber noch sind wir nicht da. Und wie beim Rennsteigtunnel, wo man nicht weiß, wie das Wetter sein wird, wenn man auf der anderen Seite rauskommt, wissen wir nicht, in was für einer Welt wir nach der Pandemie leben werden.
Kierkegaard schrieb damals: „Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte, was rätst du? Ich würde antworten: Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen.“
Menschen haben schon immer Trost darin gefunden, ihre Sorgen Gott anzuvertrauen. Und manche tun das auf eine besondere Weise: in dem sie auf Worte verzichten. Wir haben so sehr gelernt, immerzu etwas tun zu müssen. Manchmal tut es gut, einfach mal zu lassen. Schweigen ist dann Hören – auf die Vögel, den Wind, das Universum. Gläubige Menschen würden sagen: Schweigen bedeutet, sich zu öffnen für Gottes Nähe. Im Schweigen können Menschen erstaunliche Erfahrungen machen. Aus Schweigen kann Kraft und Klarheit und Güte wachsen.
Eine Überlieferung erzählt, wie eine alte Frau zum Pfarrer kommt und ihm mit vielen Worten ihre Sorgen klagt: "Jahrzehnte lang habe ich nun gebetet und gebetet, aber nie hat Gott mich gehört." Der Pfarrer fragt zurück: "Haben Sie IHM denn Gelegenheit gegeben, auch einmal ein Wort einzuwerfen?" "Wieso das? Nein, ich habe natürlich zu ihm gesprochen, ist das nicht etwa Beten?" "Ich weiß nicht“, meint der Pfarrer. „Vielleicht sollten Sie mal versuchen, täglich eine Viertelstunde einfach nur dazusitzen und vor dem Angesicht Gottes zu stricken."