20.10.2022
Besinnungswort zum 22.10.2022

Muskeltraining

Von Pfarrer Thomas Schumann, Evangelischer Klinikseelsorger im SRH-Zentralklinikum Suhl

Die Deutschen hocken zu viel herum! Zu dem Schluss kommt man diese Tage, wenn man die aktuelle Studie der Weltgesundheitsorganisation liest. 44 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer sollten was gegen die Bewegungsfaulheit tun. Gerade in den letzten Monaten der Pandemie hätte sich die Lage verschärft – ganz besonders bei den Jugendlichen. In die Bewegung kommen fällt momentan vielen Menschen schwer. Es sind einfach zu viele belastende Gedanken. Da noch am Abend raus? Auf den Crosstrainer? Das Leben ist doch schon schwer genug. Die WHO rät zu mehr Training. Mindestens zweieinhalb Stunden in der Woche. Die Muskeln sollen gestärkt werden, sei es durchs Spazieren, Radfahren oder Fitnessstudio. Wenn ich mich zum Sport überwinde, merke ich im Nachhinein, wie gut mir Bewegung tut. Wie meine Gedanken in Schwung kommen anstatt sich in immer gleichen Bahnen zu bewegen. Ich fühle mich vitaler und kraftvoller. 

Auf ihrem neuen Album „Fossora“ vergleicht die isländische Sängerin Björk die Hoffnung mit einem Muskel. Ein interessantes Bild: Wenn ich mich schlapp und kraftlos fühle, ist es die Hoffnung, die mich vom Sofa hochbringt. Wie gut werde ich mich danach fühlen! Diese Verheißung macht mir Mut, und ich mache mich auf den Weg. Hoffnung ist lebensnotwendig. Nicht umsonst heißt es, dass die Hoffnung als Letztes stirbt. Hoffnung bedeutet, dass ich etwas Gutes in der Zukunft finde. Aber oft ziehen mich meine Gedanken eher runter. „Gott ist meine Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in großen Nöten“, gibt ein Gebet in der Bibel zu bedenken. Gott kann uns motivieren, die Hoffnung nicht aufzugeben, uns aufzumachen – gerade wenn uns Sorgen schwer drücken. Wie finden wir in eine solche Hoffnung? Ich denke dazu ist ein Workout, ein Training notwendig. Denn Hoffnung kann man trainieren.

Das Training beginnt so: Ich frage mich jeden Tag: Wofür bin ich heute dankbar? Ist es die nette Verkäuferin an der Theke? Der unerwartete Gruß des Nachbarn? Der Sonnenstrahl, der sich durch die Wolken drückt? Der Kaffee, der so herrlich duftet? Der mutmachende Anruf gestern Abend? Die schöne Filmschmonzette letzte Woche? Ja, es sind nur Kleinigkeiten. Aber umso besser, denn sie begegnen mir täglich! 

Schritt 2 des Trainings ist, mich zu fragen, wem ich dankbar sein kann. Oft ist es weniger diese oder jene Person. Eher ist es ein Zufall, dass es so passiert. Vielleicht hat es mir ja auch Gott zu-fallen gelassen. Er ist es, der sich um meine Belange und Sorgen kümmert. Und zwar so, dass er mir beständig jeden Tag auf vielfältige Weise diese Botschaft sendet: Ich bin bei Dir! 

Es waren einmal zehn kranke Menschen. Sie alle wurden wieder gesund. Neun davon dachten „Glück gehabt.“ Einer von ihnen sagte „Danke, Gott!“ Jesus sagt, dass nur dieser Eine wirklich gesund wurde. Denn dieser begriff, dass Gott ihm geholfen hatte – und dass er sich auf ihn auch zukünftig verlassen kann. Er weiß, woher seine Hilfe kommt. 

Schritt 3 ist, das sich selbst zu sagen: „Gott ist MEINE Zuversicht und Stärke, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken.“ 

Und schon hast Du das erste Hoffnungs-Workout geschafft. Das täglich praktiziert kräftigt und stärkt den Muskel Hoffnung. Das lässt Dich vitaler und kraftvoller sein, denn Gott ist dein Helfer – in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht. Und nun auf ins tägliche 5-Minuten-Training und den Muskel Hoffnung wachsen lassen. Tag für Tag.