12.12.2024
Besinnungswort zum 15.12.2024
von Almut Ehrhardt
Wir erleben jetzt gerade die dunkelste Zeit des Jahres. Und weil die meisten Menschen sich nach Licht und Harmonie sehnen, haben sie in der Adventszeit schöne Rituale entwickelt, damit das Warten auf die Geburt des Christkindes nicht zu lang wird: Kinder lieben Adventskalender, in fast allen Haushalten gibt es einen Adventskranz, Mütter und Großmütter sind mit Stollen- und Plätzchenbacken beschäftigt, Geschenke werden ausgesucht und liebevoll verpackt, die Wohnung, das Haus und der Garten werden mit Lichtern geschmückt und die Weihnachtspost wird geschrieben. In Zeiten von SMS, E-Mail und Messenger Diensten gehöre ich zu den Menschen, die jedes Jahr Weihnachtsbriefe schreiben. Und ich bin damit nicht alleine. Jeden Morgen auf dem Weg zum Briefkasten bin ich gespannt, von wem ich heute Weihnachtsgrüße an mich darin finde. Der erste Adventsgruß kommt immer von einer ehemaligen Kollegin, die seit 20 Jahren im Ruhestand ist. Im diesjährigen Brief nannte sie das Weihnachtsfest, das Fest des „TROTZDEM“. Zuerst habe ich gestutzt, aber dann hat mir dieser Ausdruck sehr gut gefallen. Die Welt um uns her ist krisengeschüttelt, und TROTZDEM zünden wir Kerzen an und blicken hoffnungsvoll in die Zukunft. Wir trotzen der Depression, die um uns her Raum greift. Der Theologe und Journalist Jochen Klepper schrieb 1938 das Adventslied „Die Nacht ist vorgedrungen“. Er meinte damit nicht nur die dunkle Jahreszeit im Advent, sondern auch das öffentliche Leben im dritten Reich. Jochen Klepper war mit einer Jüdin verheiratet, die konvertierte und sich taufen ließ. Doch 1942 wurde das Leben der Familie Klepper immer stärker von den Nazis bedroht. Seiner jüngeren Stieftochter stand die Deportation unmittelbar bevor und die Ehe mit seiner Frau sollte zwangsgeschieden werden. Und auch ihr stand danach die Deportation bevor. Seine letzte Tagebucheintragung am 10. Dezember lautet: „Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus“. Er und seine Familie sahen keinen anderen Ausweg als den Freitod in der Nacht vom 11. Zum 12. Dezember 1942. Jochen Klepper hätte in dem Wissen, dass seine Frau und Tochter in einem Lager getrennt von ihm leben und wahrscheinlich sterben sollten, keine glückliche Minute mehr gefunden. Aber anstatt mit Gott zu hadern über die bedrohliche Situation, vertraut die Familie Klepper TROTZDEM auf den segnenden Christus. Gott weiß um das Bedrohliche in unserer Welt, und TROTZDEM schickt er seinen Sohn zu uns Menschen. Klepper schreibt: „Dem alle Engel dienen, wird nun ein Kind und Knecht.“ Gott weiß um die Gottesferne der Menschen und TROTZDEM wendet er sich uns zu: „Wer schuldig ist auf Erden, der soll errettet werden, wenn er dem Kinde glaubt.“ „Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.“ Am 3. Advent wird das Lied Kleppers in vielen Gottesdiensten gesungen. Es ist das TROTZDEM eines aufrechten Christenmenschen. Lassen Sie die Worte auf sich wirken. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten dritten Advent.