02.06.2022
Besinnungswort zum 05.06.2022
von Almut Ehrhardt, Leiterin Familienzentrum und Mehrgenerationenhaus "Die Insel", Suhl
„Brich mit dem Hungrigen dein Brot.“
Das klingt fast wie ein Befehl, vielleicht ein Befehl vom Chef? Dieser „Befehl“ steht im Buch des Propheten Jesaja. Und für mich ist es ein Befehl vom „obersten“ Chef des Lebens: von Gott. Jesaja wirkte etwa vor 2.700 Jahren. Das ist lange her, aber es zeigt uns doch, dass die Probleme Armut, Hungersnot und Obdachlosigkeit nicht neu sind. Manchmal frage ich mich, warum es die Menschen schaffen, auf den Mond zu fliegen und Computer im Hosentaschenformat zu entwickeln, aber nicht, Hunger und Armut zu beenden!?! Es gibt zu diesem Bibelwort ein sehr schönes Lied, in dem wiederholen sich 5 Zeilen immer wieder. Wie eine Bekräftigung: einmal sagen reicht nicht, nein, gute Worte muss man immer wiederholen, wie ein Mantra, damit sie sich einprägen, damit sie für uns eine Selbstverständlichkeit werden. So wie man eben Bitte und Danke sagt. Mit dem Hungrigen das Brot brechen, mit einem Menschen, der vor Grauen verstummt ist, reden und ihm zuhören, mit traurigen Menschen singen (Musik kann eine wunderbar heilende Wirkung haben!), einsame Menschen am Leben teilhaben lassen (vielleicht mit ihnen ein Stück Weg gehen) und Menschen, die mit dem Leben fertig sind, die keine Perspektive sehen, mit ihnen gemeinsam nach einem neuen Lebenssinn suchen. Wir brauchen gar nicht weit gehen, um diese Aufforderungen in die Tat umzusetzen. Auch hier in Suhl sind diese Themen aktuell. Seit Wochen tobt in Europa wieder ein Krieg. Menschen sind auf der Flucht, suchen bei uns ein Obdach. Die Gemeinschaft der Menschen ist gefragt, zusammenzuhalten, zu teilen, Not zu lindern. Wir haben immer die Wahl: hinsehen und handeln oder wegschauen und das Leben genießen als wäre die ganze Welt in Ordnung. Die Tafel hier in Suhl lindert ein bisschen die Not der Geflüchteten, nicht nur mit Brot. Die Menschen können im Bistro verschnaufen und sich treffen, einen Tee trinken und sich austauschen. Aber nun ist das Tafelteam selbst an seine Belastungsgrenze gestoßen. Die Lebensmittel und das Geld werden knapper. Mehr Abholer stehen vor der Tür. Aber es muss doch für alle reichen. Deshalb haben alle Abholer etwas weiniger im Beutel in diesen Tagen. Ist es nicht ein Zeichen der Hoffnung, wenn die Armen mit den anderen Armen teilen? So lange es Menschen gibt, die die Hoffnung auf das Gute im Menschen nicht aufgeben und danach handeln, brauchen wir nicht zu verzweifeln. Amen