02.11.2019
Besinnungsworte
Pfarrerin Julia Upmeier, Ev. Kirchengemeinde Suhl 02.11.20119
Politische Parteien sind wie Schubladen. Jede Schublade ist mit einem bestimmten Inhalt gefüllt, markiert mit einer Farbe. Und als Wählerin oder Wähler mussten Sie sich vergangenen Sonntag entscheiden für eine Schublade. Schubladen betonen die Unterschiede. In der Politik ist das notwendig, damit aus diesen Schubladen – im günstigsten Fall – eine Regierung gebildet wird. Und im Leben?
Gehören Sie gerne in eine Schublade? Ich nicht. Denn wer ist schon so wie ich? Oder wie Sie? Niemand. Wir sind einzigartig.
Nur andere, die stecken wir schonmal gerne in Schubladen. Natürlich mit einem Schmunzeln. Ist ja nicht bös´ gemeint. Oder?
Diese „Unternehmer“: denken nur an sich selbst! „Rentner“: nichts zu tun, aber immer was zu kritisieren. Diese „Westfrauen“: tauschen Schminktipps statt zu arbeiten. Diese „Migranten“: futtern Steuern auf, statt Steuern zu zahlen.
Ein verschmitztes Zusammengehörigkeitsgefühl kann da schonmal aufkommen unter denen, die so über andere reden.
Aber was, wenn der Unternehmer, der um Aufträge ringt, um seine Mitarbeiter gut zu bezahlen, plötzlich daneben steht? Oder die rührende Altenpflegerin, die aus Syrien stammt? Die Handballtrainerin aus dem Westen, die noch nie einen Schminktipp getauscht hat? Der Rentner, der selbst scharf kalkulieren muss, aber sich trotzdem noch um den kranken Nachbarn kümmert?
Dann macht so eine Schublade plötzlich eng – den Blick und auch das Herz. Besonders für den, der da gerade in eine Schublade gesteckt wird. Und denkt: „Hilfe! So bin ich doch gar nicht!“
Jesus hat keine Schubladen gebraucht. Er ging auf Menschen zu, Männer und Frauen, Faule und Fleißige, Gesunde und Kranke. Jesus hatte keine Angst. Er fühlte sich nicht bedroht von Menschen, die irgendwie anders waren als er selbst, er unterstellte ihnen nicht, ihm zu schaden. Deshalb hatte er es auch nicht nötig, sie in Schubladen zu sortieren. Sein Blick war weit. Und sein Herz auch.
So wie Jesus können Sie das nicht? Ich auch nicht. Aber lassen Sie es uns versuchen!
Der Apostel Paulus ermahnt uns: „Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat. Zu Gottes Lob!“