28.09.2019
Besinnungsworte

Worte zur Besinnung  von Marlis Schmidt ,Evangelische Kirchengemeinde Suhl

Dankbarkeit

 

Dazu fand ich folgende Geschichte, die mich sehr beeindruckt hat:

Die Geschichte vom Grafen, der sehr, sehr alt wurde, weil er ein Lebensgenießer und dankbarer Mensch war. Er verließ niemals das Haus, ohne sich zuvor eine Hand voll Bohnen einzustecken. Er tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen. Nein, er nahm sie mit um die schönen Momente des Tages bewusster zählen zu können. Je positive „Kleinigkeit“, die er tagsüber erlebte, z.B. einen

fröhlichen Plausch auf der Straße, das Lachen seiner Frau, ein köstliches Mahl, die feine Zigarre,

ein schattiger Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weins, der Duft der Rose, für alles, was die Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal

waren es gleich zwei oder drei. Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Tasche. Er zelebrierte diese Minuten. So führte er sich vor Augen, wie viel Schönes ihm an diesem Tage widerfahren war und freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen, es hatte sich zu leben gelohnt und voller Dankbarkeit legte er sich zur Ruhe. Die Geschichte mag etwas aus der Zeit gefallen zu sein. Denn neue Studien zeigen, dass

Dankbarkeit als Lebenseinstellung in unserer schnelllebigen Zeit nicht mehr im Mittelpunkt steht.

Doch sie zu kultivieren lohnt sich. Erste Ergebnisse belegen, dass dankbare Menschen zufriedener und gesünder leben. Denn Danken kommt von Denken. Was bestimmt mein Denken, welche Bilder leiten mich. Dankbare Menschen gehen mit offenen Augen durch die Welt. Sie sehen die

vielen kleinen Dinge, die das Leben bereichern: Ein freundliches Wort, ein geschenktes Lächeln, den wohltuenden Spaziergang, die Geborgenheit der Familie, Freunde, mit denen man alles bereden kann. Dankbar zu sein für das gute Miteinander auf der Arbeit, auch für die Kreativität von Menschen, Dinge zu entwickeln, die unsere Umwelt schonen, die Arbeit der Landwirte und andere Gewerke, die für unsere Lebensmittel sorgen.... Auch für die Dinge, die lautlos geschehen und von

der großen Treue und Verlässlichkeit unseres Schöpfers künden: die Luft zum Atmen, sauberes

Wasser, das Wechselspiel von Tag und Nacht... Erst beim Innehalten merkt man oft erst, was man eigentlich alles hat, von welcher Fülle man umgeben ist. Die Frage: Was fehlt? Wird zweitrangig.  Dankbarkeit kann man üben, indem man aufschreibt, wofür ich heute dankbar sein kann. Es müssen ja keine Bohnen wandern. Da werden  die Mängel und Sorgen kleiner. Beispielsweise  im Alter, trotz mancher Unzulänglichkeiten, sich das Staunen zu bewahren und die Freude über die Dinge, die noch gehen. Wie im Kleinkindalter sich über jede Entdeckung zu freuen und diese mit Anderen zu teilen. Es ist auch die Vorfreude und Neugier auf  Unbekanntes, die dankbare Menschen inspiriert und gelassen sein lässt. Denn Dankbarkeit braucht ein Gegenüber, das erinnert, wie jeder mit seinen Talenten, seinem Naturell, das Leben positiv verändern kann. Jeder ist anders gesegnet. Durch die Vielfalt wird unser Leben reich. Wenn beispielsweise Ehrenamtliche sich in Vereinen engagieren und mit ihrem Tun anderen Mut und Wertschätzung geben und so Lebenssituationen etwas zuversichtlicher machen. Da fließt soviel Dankbarkeit zurück. Man kann dann das Leben wieder mehr wertschätzen und den Augenblick besser wahr nehmen.

Der Schriftsteller und belgische Ordenspriester Phil Bosmans schreibt: „Das Gedächtnis des Herzens heißt Dankbarkeit. Danken heißt erkennen, was dir Gutes getan wird.“

Jeder kennt Menschen, denen er viel zu verdanken hat. Wie oft waren Menschen an meiner Seite, die mich aufgefangen und ermutigt haben. Auch die Schattenseiten in meinem Leben zu akzeptieren und meinen Frieden damit zu machen, auch das Schwere dankbar anzunehmen, in der Gewissheit,

dass Gott mit mir unterwegs ist und letztlich alles zum Besten wendet. Dankbarkeit im Alltag zu etablieren setzt Kräfte frei, die unser Miteinander fröhlicher und achtsamer gestalten können. Unser

Leben wird beziehungsreicher und wir dürfen als „überreich Beschenkte“ jeden Tag aufs Neue das Leben feiern.

„Nun danket alle Gott, mit Herzen Mund und Händen, der große Dinge tut, an uns und allen Enden.“

So fängt ein in vielen Sprachen bekanntes Kirchenlied an, das wohl nicht nur zu großen Festen, sondern für viele Gelegenheiten unseres Alltages unsere Dankbarkeit ausdrücken kann.