07.11.2019
Besinnungsworte

Pfarrer Markus Heckert, Ev. Kirchengemeinde Hinternah zum 09.11.2019

An diesem Wochenende ist der 9. November, so was wie ein Schicksalstag in Deutschland. 1918 Novemberrevolution, 1923 der Hitlerputsch, 1938 die Pogromnacht und schließlich der 9. November 1989, einen Tag, den alle, die dabei waren, nie vergessen können. In Berlin und kurz danach in ganz Deutschland ging die innerdeutsche Grenze auf. Eine der am besten bewachten Grenzen der Welt. Der Bürgerkrieg der SED gegen das eigene Volk ging zu Ende, manche sagen sogar, der zweite Weltkrieg ging erst an diesem Tag zu Ende. Und das alles ohne einen Schuss. Ein Wunder und das war es wirklich, kein anders Wort passt.

Jahrzehntelang wurden Soldaten und Offiziere von der SED darauf gedrillt, diese Grenze geschlossen zu halten, mit allen Mitteln. Hunderte wurden erschossen, Zehntausende kamen in Gefängnisse. Nur weil sie über diese Grenzlinie zu Freunden und Verwandten oder einfach in die Freiheit wollten. Wer nicht schoss, kam selbst in das Gefängnis.

Und dann bricht alles das zusammen, in wenigen Stunden und ohne einen Schuss. Die Mauer ging auf, die innerdeutsche Grenze ebenso und wir Deutsche lagen uns in den Armen. Und die Grenzer bekamen auch das eine oder andere Gläschen Sekt und Blumen. Es war ein Wunder. Das Wunder der friedlichen Revolution.

Christen standen 1989 in den ersten Reihen, als die Demonstrationen begannen, Christen hatten jahrelang die Idee von einem Leben in Freiheit hochgehalten. Christen waren es, die den Ruf: „Keine Gewalt“ bekannt machten. Am 9. November wollte dann niemand mehr schießen, auf das eigene Volk. Dann lieber alles untergehen lassen.

Selbst in der Bornholmer Straße riefen die Menschen noch: „Keine Gewalt“ und „Wir sind das Volk“. Damit hat am 9. November die Revolution gesiegt. Der Rest ist Geschichte. Die DDR, die nur mit Mauer und Stacheldraht überleben konnte, gibt es nicht mehr. Wir, das Volk, haben uns selbst die Freiheit genommen. Friedlich und ohne Gewalt. Es ist ein Wunder Gottes, das es gelungen ist.

Horst Sindermann (1989 Mitglied des Politbüros der SED und Präsident der Volkskammer) sagte ganz richtig: „Wir hatten alles geplant, wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete.“

Kerzen und Gebete, erst in den Kirchen, dann auf der Straße brachten einen Unrechtsstaat zum Einsturz. Kerzen und Gebete waren stärker als Maschinenpistolen und Panzer.

Es war eine wunderbare Erfahrung. Auch für heute. Wir leben ja immer noch in einer zerrissenen, komplizierten, gefährdeten Welt. Wenn wir was ändern wollen, brauchen wir zuerst wieder Gebete. Und einen gnädigen Gott, der uns führt und leitet und zu unserem Tun seinen Segen gibt, damit es gelingen kann.