26.07.2022
Besinnungswort zum 30.07.2022

Einander Rast geben

Von Marlis Schmidt

Wir haben Sommer und nun auch  Ferienzeit. Das Reisen ist in vollem Gange und überall finden Feste und Veranstaltungen statt. Endlich dürfen wir wieder nach Herzenslust zusammen kommen und Gast oder Gastgeber sein.Das Gastgebersein kann uns im Vorfeld schon etwas in Stress bringen,denn die Wohnung soll gut aussehen und das Beste aufgetischt werden. Aber im Nachhinein stellt sich meist die gute Erfahrung des wohltuenden Zusammenseins ein.Ich lese auf einer Einladungskarte die Zeilen aus einem Brief des Apostels Paulus an die Hebräer , wo es heißt: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht! Denn durch sie haben manche,ohne es zu wissen,Engel beherbergt.“In dieser Zeit des Paulus,so gegen Ende des ersten Jahrhunderts,ist Gastfreundschaft ein Grundgebot der Gemeinschaft,die ursprünglichste Form menschlichen Zusammenlebens. Nur so waren Reisen überhaupt möglich,wenn einem ein Dach über dem Kopf und Nahrung gegeben wurde. Doch auch der Gastgeber sollte nicht leer ausgehen.“Vielleicht beherbergt ihr einen Engel,einen Boten Gottes“ schreibt der Apostel. Noch heute erlebt man im Mittelmeer-und auch im asiatischen Raum eine besonders ausgeprägte Gastfreundschaft. Es ist eine Ehre und Bedürfnis den Gast mit an dem Leben teilhaben zu lassen. Das Essen gemeinsam zu zelebrieren und sich kennen zu lernen. So wurden aus Fremden oft Freunde. Jeder hat hier seine Erfahrungen. Doch die Begegnung mit dem unbekannten Gast bringt eine Erweiterung meines Horizonts mit sich. Impulse und neue Sichtweisen lassen das eigene Leben überdenken. Oft werden die Unterschiede als Bereicherung empfunden. Denn eins verbindet uns, die Sehnsucht nach einem friedlichen Leben.

Doch wie ist es zu Hause,wenn es an der Tür klingelt? Ein unverhoffter Gast stellt sich ein. Lassen wir uns da gern unterbrechen im gewohnten Ablauf? Es kostet manchmal Überwindung, alles über den Haufen zu werfen und sich dem Gast zu widmen. Doch gerade in der Unterbrechung unserer täglichen Routine liegt die Chance der Veränderung. Die Möglichkeit durch den Anderen etwas Neues zu entdecken, Vielleicht werden versteckte Gaben geweckt und ich werde ermutigt,sie einzusetzen. Vielleicht ergeben sich Lösungen für ein Problem. Das Wichtigste ist, dass wir einander begegnen. Friedrich von Bodelschwingh,Pfarrer und Gründer der diakonischen Anstalten von Bethel sagte  zur Gastfreundschaft: „Wir können Orte schaffen helfen,von denen der helle Schein der Hoffnung in die Dunkelheit der Erde fällt.“

“Denn dies ist der Gastfreundschaft tiefster Sinn,dass ein Mensch dem andern Rast gibt auf der großen Wanderschaft zum ewigen Zuhause.. Überliefert vom katholischen Priester Romano Guardini. Wir sind alle Pilger auf unserem Lebensweg,mit den Höhen und Tiefen. Da brauchen wir immer wieder Oasen,wo wir auftanken können .Es tut gut,zu verschnaufen,nichts tun müssen,einfach rasten. Wo wir uns Zeit nehmen,einander zuzuhören, sehen,wo meine Hilfe oder die tröstenden Worte gebraucht werden,wo  ich zum wahrhaft rettenden Engel werden kann. Dabei selbst mit dem guten Gefühl nach Hause zu gehen,gebraucht zu werden und auch den Anderen als Bereicherung zu empfinden.Denn Gastfreundschaft entspringt dem Mitgefühl,der Kunst sich in andere hinein zu versetzen.und einfühlen zu können. In der Corona-Zeit wurde menschliche Nähe und Nachbarschaftshilfe neu entdeckt. Mit verschiedenen Hilfeleistungen wurden wir füreinander zum Engel. Gemeinsam essen,sich näher kennenlernen und Verständnis füreinander entwickeln ,auch mal Kritik üben können,plaudern über Gott und die Welt,den Spaß und den Humor nicht zu vergessen, so stelle ich mir Gastfreundschaft vor.

Denn eins verbindet uns : Wir sind alle Gast auf Erden und als Teil der Schöpfung können wir nur gemeinsam mit unseren unterschiedlichen Begabungen unseren Beitrag zu einem gelingenden Leben leisten .Die Gastfreundschaft eröffnet uns Wege ,dass wir uns gegenseitig aufbauen und trotz kultureller und religiöser Hintergründe aufgeschlossen  füreinander bleiben und für die Schönheit und Kostbarkeit unserer Erde einzustehen. Ich wünsche uns viele wohltuende und überraschende Begegnungen. Denn“ Gott hat seinen Engeln befohlen,dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“(Psalm 91,11)