21.06.2024
Besinnungswort zum 22.06.2024

Einer trage des anderen Last

von Marlis Schmidt

„Einer trage des anderen Last“... ,dieser Bibelvers in der Abkürzung ist schon in den Schlagzeilen gewesen , als Tatorttitel aus Rostock, als DDR Film 1988. Bekannt auch als Trauspruch oder Spruch zu den Jubelhochzeiten,wenn Paare miteinander alt werden und ganz konkret die Lasten und Gebrechen miteinander teilen müssen. „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“, so schreibt Paulus an die Gemeinde in Galatien,heute mitten in der Türkei gelegen und weist auf die Probleme im menschlichen Miteinander hin. Helft einander ,seht eure eigenen Fehler und Schwächen und kehrt vor eurer eigenen Haustür,fühlt euch nicht als etwas Besseres.. Eine klare Aufforderung zur Nächstenliebe oder wie es Martin Luther nennt: gegenseitige Unterstützung statt Konkurrenz. Das gegenseitige Kümmern,die Solidarität untereinander , macht eine Gesellschaft reich und zufrieden,nicht nur der wirtschaftliche Aspekt. Doch wie ist es heute ? Neben den großen Lasten ,wie die Kriege in der Welt,die Sorgen um Gesundheit,Arbeitsplatz,gibt es unendliche viele kleine. Unter jedem Dach ein Ach. Hört man nicht oft auch: Lass mich in Ruhe oder ich habe selbst mein Päckchen zu tragen? . Was interessieren mich anderer Last und Sorgen. Besonders in den großen Städten mit den anonymen Wohnblocks zieht man sich lieber in die vier Wände zurück und greift zu anderen Mitteln. Doch was ist das für ein einsames Leben, wenn ich mit allem selbst fertig werden muss,da gibt es niemanden ,dem ich meine Traurigkeit und Ängste mitteilen kann, auch niemanden ,mit dem ich Glück und Lebensfreude teilen kann. Aktuell soll das Thema Einsamkeit laut unserer Familienministerin wieder mehr in den Focus gerückt werden. Dabei sind wir Menschen geschaffen für Beziehungen. Wir sind so verschieden gemacht,dass wir aufeinander angewiesen sind und uns ergänzen können.Wenn z.B. ein Team die Eigenschaften vieler nutzen kann, ist es besser aufgestellt . Einmal ist es das Mit-Tragen von Lasten anderer und auch das Getragen-Werden durch den anderen. Eben etwas abgeben zu können, das ist oft nicht einfach.,das muss man üben. Indem man Aufgaben in andere Hände legt oder indem man ein offenes Ohr für seine Probleme findet.Neben einem vertrauten Menschen kann man auch in einem sogenannten „Zuhör-Kiosk“(in großen Städten anzutreffen) seine Last erleichtern und einen anderen Blick darauf bekommen. Vertrauensvoll auch um Hilfe zu bitten,der andere wartet manchmal schon,aktiv zu werden. Hören wir oft den Satz der älteren Generation:“ Ich will meiner Familie nicht zur Last fallen“. Doch haben die Eltern nicht auch alle Lasten der Erziehung, der Entbehrungen selbstverständlich getragen? Es waren nicht nur Lasten, es war Freude und große Dankbarkeit dabei. Ist es nicht ein Geben und Nehmen im Miteinander? Das Dasein für den anderen gibt uns soviel zurück an Gebrauchtwerden und lässt uns das Leben wieder mehr wertschätzen. Die vielen Ehrenamtlichen haben da einen großen Part am Mittragen und Erleichtern von Lasten, wenn sie Menschen begleiten in Krankheit und Tod und erfahren selbst soviel Stärkung. Einen großen Anteil hat hierbei die Hospizgruppe in Suhl, die Ende Mai auf ein 25-jähriges Wirken am Nächsten blicken konnte.Ob nun bei der Pflege von Angehörigen,in Lebenskrisen,bei Naturkatastrophen, durch ein großes Netzwerk von Helfern,Freunden und Fremden,Hilfe zu erfahren,da wird einem leichter ums Herz. Denn geteiltes Leid,ist halbes Leid. Oder wie es im Song von Udo Lindenberg heißt:“ Ich trag dich durch schwere Zeiten,wie ein Schatten werde ich dich begleiten“...Die Last des anderen tragen, meint auch den anderen er-tragen, ihn anzunehmen mit seinen Fehlern und Schwächen und zeitweiligen Macken, denn auch er muss mich aushalten. Im oben genannten DEFA Film,der in einem Lungensanatorium der 1950ziger Jahre spielt,müssen sich ein Marxist und ein Christ ein Zimmer teilen und erkennen in ihrer totalen Verschiedenheit Gemeinsamkeiten in ihren humanistischen Ansichten und lernen mit den Fehlern und Schwächen leben . Aus Ablehnung erwächst Achtung vor der Haltung des anderen. Auf ein lebensrettendes Medikament wird sogar zugunsten des anderen verzichtet.Nach meinen Kräften unser aller Leben etwas zu erleichtern, kann auch auch bedeuten,“ich denke an dich, habe Zeit für dich, oder ich bete für dich“, diese Worte sind Zuspruch und Trost in Krisenzeiten. Denn, “ Ja,ich will euch tragen bis zum Alter hin und ihr sollt einst sagen,dass ich gnädig bin….Ja, ich will euch tragen,wie ich immer trug.“. So wird uns Gottes Beistand zugesprochen in dem Lied vom Theologen und Schriftsteller Jochen Klepper.