12.05.2022
Besinnungswort zum 15.05.2022

Besinnungsworte von Petra Lehner, Ord. Gemeindepädagogin

Petra Lehner

„Wunder geschehen immer wieder“

„Was für ein Angeber.“ sagte die Katze zum Zaunkönig. „Du bist ja nur neidisch.“ erwiderte er und sang fröhlich weiter.

Kaum zuerkennen sitzt er auf dem Zweig. Sein Gefieder unauffällig, doch sein Gesang von unbeschreiblicher Schönheit. Beschwingt und mit        Leichtigkeit singt er sein Lied.

Jetzt können wir die verschiedenen Gesänge hören. Der Wonnemonat Mai verzaubert nicht nur Wald und Flur mit vielen Farben und Formen, sondern   auch mit Gesang. Jedes Jahr gleicht dies einem Wunder. Für mich ist der Gesang des Zaunkönigs nicht nur ein Balzruf. Er ist ein Protest gegen die   Dunkelheit der Welt.  Zart, leicht und doch voller Kraft reihen sich Ton an Ton. Als wollte er sagen: Hier bin ich, hört das Lied von Licht und Frieden, von Kraft und Hoffnung.

Ob vor 3000 Jahren der Psalmbeter ebenso gefühlt hat, als er sang: „Singet Gott ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ Psalm 91,1, wissen wir nicht.

Singet – eine Aufforderung, die mich ermutigt, wie der kleine Zaunkönig zu singen. Ich will an Wunder glauben. Ich will glauben, dass Licht die Dunkelheit besiegt. Ich will glauben, dass Liebe den Hass verwandelt. Ich will glauben, dass Lieder vom Frieden die Welt verändern können. Solang Menschen singen, schweigen die Waffen. Dies geschah tatsächlich im ersten Weltkrieg, als deutsche und französische Soldaten am Heiligen Abend im Schützengraben lagen. Um Mitternacht stimmten sie das Lied „Heilige Nacht“ an, und für eine kurze Zeit sangen Freund und Feind miteinander dieses Lied. Was für ein Wunder!

Singen ist ein Weg zum Frieden. Wenn ich gemeinsam mit Menschen singe, achte ich auf meine Mitmenschen. Ich höre und singe zur gleichen Zeit. So entsteht eine Gemeinschaft, über alle Grenzen hinweg. Die Freude breitet sich aus. Jede und jeder ist dazu eingeladen. „Jeder Mensch kann singen! Wir singen nur mit unterschiedlichen Stimmen.“ sagte mir einmal ein Kantor. Egal, ob Zaunkönig oder Katze, unsere Stimme ist ein Wunder. Und so wünsche ich uns in diesen Tagen den Mut, ein Lied zu singen. Ein Lied für den Frieden. Ein Lied, welches mich und die Menschen berührt. Dies wäre, wirklich ein Wunder!

Petra Lehner

Ord. Gemeindepädagogin