08.10.2021
Besinnungswort zum 10.Oktober 2021

Von Pfarrer Thomas Schumann, Evangelischer Klinikseelsorger im SRH-Zentralklinikum Suhl

       

Pfarrer Thomas Schumann

Mit hängenden Schultern steht er da und schaut mit traurigem Gesicht auf den Boden. „So stehe ich, wenn ich deprimiert bin,“ sagt er. Ich kenne diese Körperhaltung. Blick nach unten, Kopf gesenkt. Das Leben hat mir mal wieder einen harten linken Haken versetzt: Dinge geschehen, widerfahren einem, die einen sprachlos machen und den Kopf hängen lassen. Vielleicht geht es Ihnen in diesem Moment so, dass Sie den Kopf hängen lassen. Es ist einfach zu viel, was mir Menschen,  das Leben - ja Gott, zumutet. Musste jetzt es jetzt noch das kommen?  Habe ich nicht schon genug Probleme?Der mit den hängenden Schultern spricht mir aus der Seele. Es ist Charlie Brown, eine Cartoonfigur mit Neigung zu deprimierenden Gedanken. Eine tragische Gestalt, die auf so sympathische Weise am Leben verzweifelt. Eine Seite, die ich auch an mir kenne. Aber da gibt es noch was anderes. Charlie Brown redet nämlich weiter: „Wenn du deprimiert bist, ist es ungeheuer wichtig, eine ganz bestimmte Haltung einzunehmen. - Das Verkehrteste, was du tun kannst, ist aufrecht und mit erhobenen Kopf dazustehen, weil du dich dann sofort besser fühlst.“ Das stimmt: Unsere Körperhaltung hat auf unsere Stimmung Einfluss und umgekehrt. Das  spiegelt sich im Psalm 121 wider: Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?“ Eine gute Frage. Der Psalm antwortet darauf: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“Den Kopf nach oben richten, den Blick von sich selbst zu lösen und auf Gott zu vertrauen: Da fühle ich mich besser. Das ist mein Weg, auch schwierige Zeiten durchzustehen. Ich kann immer wieder - unabhängig von Ort, Zeit und anderen Menschen - meine Position ändern. Einfach dadurch, dass ich den Blick auf Gott hin ausrichte - und weiß: Er hilft mir. Er trägt meine Last. Er findet einen Weg für mich. Daraus erwächst neue Kraft. Wenn ich nach oben schaue, ändert sich mein Blickwinkel. Eine heilsame Distanz zwischen dem was ich fühle und um mich herum geschieht, entsteht. Ein Raum für neue Wahrnehmung. Gott lässt mich etwas sehen,  was mir Hoffnung und Stärke gibt. Ich weiß, dass ich auf meinem Weg behütet bin. Und ich muss nicht ständig auf meinen Weg achten - in Angst, wann der nächste Stolperstein kommt. Denn der Psalm geht weiter: „Gott lässt deinen Fuß nicht wanken; er, der dich behütet, schläft nicht.“ Das reduziert schlaflose Nächte und schenkt Energie für den Tag.Sicher: Es gibt unlösbare Probleme. Aber auch wie dunkel der Tag erscheint, das letzte Wort ist nicht gesprochen. Das sich vor Augen führen und den Kopf zu erheben, bringt Licht ins Dunkel.Mit den Worten des Lieddichters Paul Gerhardt: „Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freud und Singen, sieht lauter Sonnenschein. Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ; das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist.“ Und das Buch Nehemia fasst das so zusammen: „Seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ Schöner kann man es kaum sagen. Kopf hoch!