02.11.2023
Besinnungswort zum 05.11.2023

von Almut Ehrhardt

Almut Ehrhardt

Menschen, die deutliche Worte finden, sind nicht immer beliebt. Deutliche Worte kommen meist sehr direkt rüber, und das brüskiert manche Menschen. Ich denke, Amos war so ein Mensch, der sehr direkt das Unrecht seiner Zeit angesprochen hat. In seiner Anklage ist er kompromisslos, in seiner Sprache leicht verständlich. „Das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“, Amos 5, 24. Dieser Bibelvers steht im Zusammenhang mit den Gottesdiensten im Tempel Jerusalems. Amos prangert die prächtigen Gottesdienstfeiern im Tempel an, die im krassen Gegensatz zur Wirklichkeit des alltäglichen Lebens in Israel im 8. Jh. vor Christus stehen. Amos macht deutlich, dass die Missstände im Lande nicht von den Kultfeiern im Tempel überdeckt werden können. Gott lässt sich nicht blenden. Amos sagt klar: Gott findet die Gottesdienste im Angesicht des Unrechtes abscheulich. Amos selbst versteht sich als Bote Gottes, als Prophet, er nimmt sich zurück und verkündet Gottes Willen. Wenn Amos die Ungerechtigkeiten kritisiert, tut er es nicht aus humanitären Gründen, sondern weil er Gottes Gebote ernst nimmt, weil er Gott nicht nur im Tempel dienen will, sondern auch mit seinem Leben. Und das erwartet er auch von den anderen Gläubigen. Ihn widert es an, dass fromme Menschen Gottesdienste mit viel Pomp feiern und am nächsten Tag ihre Nachbarn, die armen Witwen oder die Tagelöhner betrügen, übervorteilen oder noch Schlimmeres tun. Amos lebte etwa vor 3000 Jahren. Es ging dem Israelischen Nordreich zu dieser Zeit ziemlich gut. Aber es war wie so oft: Nur die Reichen wurden immer reicher, die Armen blieben arm und kamen nur knapp über die Runden. Kommt Ihnen das bekannt vor? Rechtsbeugung und die Bestechung von Richtern waren an der Tagesordnung. Amos sieht das, und er wird wütend. Er weiß, dass nur die Umkehr zu Gottes Geboten die gesellschaftliche Schieflage wieder in Ordnung bringen kann. Er vergleicht die reinigenden Fluten eines Wasserfall mit der Kraft von Gottes Worten. Was würde Amos uns heute zurufen? Vielleicht würde er sagen: bevor ihr euch vor Gottes Angesicht wagt und Gottesdienste feiert, bringt erst einmal eure Welt in Ordnung! Zahlt gleiche Löhne für gleiche Arbeit auf der ganzen Welt. Die Bodenschätze gehören allen, dann teilt auch den Gewinn, den ihr damit erwirtschaftet mit allen. Lasst nicht kleine Kinder in Bergwerken schuften für saubere E-Auto-Batterien, sondern sorgt dafür, dass sie in die Schule gehen und lernen und eine unbeschwerte Kindheit verbringen dürfen. Vertragt euch mit euren Nachbarn. Schafft Frieden im Großen wie im Kleinen… Ich glaube, Amos würde so viele Beispiele finden! Aber vielleicht würde er sich auch freuen, dass es 3000 Jahre nach seiner Zeit noch Menschen gibt, die auf Gottes Wort hören. Dass das Wort Gottes auch heute noch wichtig ist für viele, dass es stärkt und tröstet, dass es Mut macht und anspornt, Gutes zu tun. Amos macht es vor: wir sollen Unrecht jeglicher Art nicht schweigend hinnehmen. Nicht jeder kann die Welt retten, aber einen Nachbarschaftsstreit beigelegen, mit einem freundlichen Wort traurige Menschen aufmuntern oder für Frieden beten. Und wenn wir das Gute in der Welt stärken, können wir getrost Gott gegenüber treten, singen und beten und fröhliche Gottesdienste feiern. Amen