17.03.2021
Gedanken zum Gründonnerstag
mit einem Blick zum Viernauer Altarbild
D
ie Darstellung zeigt Jesus im Garten Gethsemane mit einem Engel. Es wirkt, als hätte der Engel seine Schwinge schützend über Jesus ausgebreitet. Doch so ist es nicht: Die Schwinge des Engels verdeckt Jesu Blick nach oben. Und der Engel hat einen Kelch in den Händen. Es ist der Moment, in dem Jesus nach dem Mahl mit seinen Jüngern hinausgeht in den Garten Gethsemane, um kurz vor seinem Leiden zu beten und Gott zu bitten: „Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!“ (Mk 14,36) Mancher mag in diesen Zeiten auch das Gefühl haben: Wo bist du, Gott? Der Blick zu Gott ist mir verdunkelt. Und wie bitter der Kelch sein wird, der da auf mich zukommt, ist noch gar nicht absehbar. Die Hände von Jesus, mit denen er so oft anderen geholfen hat, sind ausgestreckt – was wird ihm Gott hineinlegen? Der Kelch des Leidens ging nicht an ihm vorüber. Er hat mit Gott sehr gerungen, aber schließlich im Vertrauen auf Gott das Leiden angenommen. Dieses Altarbild sagt mir immer wieder: Unsere Wünsche und Pläne müssen nicht Gottes Wege für uns sein. Engel sind keine Beschützer, die uns vor allem Schweren und allem Leiden bewahren. Von den Jüngern ist auf diesem Bild nichts zu sehen. Dabei hatte Jesus drei von den zwölf Jüngern mitgenommen und sie gebeten, wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Doch sie sind immer wieder eingeschlafen. Gerade in dieser schweren Stunde, in der Jesus mit Gott ringt, sind ihm die Jünger keine Unterstützung. Jesus kennt also die schweren Stunden, in denen Menschen mit Gott ringen und dabei oft sehr einsam sind. Dennoch hat Jesus nach langem, inneren Kampf im Gebet die Kraft gefunden, sich ganz Gottes Willen anzuvertrauen und dem Leiden aufrecht entgegenzugehen. Am Gründonnerstag feiert Jesus nicht nur das Abendmahl mit seinen Jüngern, sondern er erlebt auch Enttäuschung durch ihm nahestehende Menschen und schwere Anfechtung im Glauben. Jesus kennt gelingendes Miteinander genauso wie bittere Enttäuschung, gute Gemeinschaft genauso wie tiefe Einsamkeit. Deshalb versteht er uns auch da, wo wir mit Gott ringen, wo unsere Fragen größer sind als unsere Antworten – auch da ist er uns nah. An ihm sehen wir aber, dass er sich auch in schweren Zeiten nicht von Gott abgewandt hat, sondern weiter auf Gott vertraute, Gott seine Fragen und seine Ängste hinhielt. So konnte Gott ihm Kraft geben.
Pfarrerin Silke Sauer