17.04.2020
Besinnungsworte zum 18.April.2020
Besinnungsworte von Marlis Schmidt, evangelische Kirchengemeinde Suhl
Immer wieder einen neuen Anfang wagen
Das diesjährige Osterfest in seiner besonderen Art liegt hinter uns. In meiner Osterpost fand ich diese Worte:
„Immer wenn... ein neuer Tag beginnt, ein Frühling, ein zweiter Frühling, immer wenn eine Krankheit sich bessert, ein Streit mit einer Versöhnung endet, ein Mensch eine zweite Chance bekommt, immer wenn ich einen schweren Stein beiseite rolle, den Stein meines Schweigens, meiner Angst, meiner Verlassenheit, immer wenn man mir sagt, dass das Ende nie das Ende ist, und ich glaube es … dann ist Ostern.“
Ostern war nach urchristlicher Tradition Tauftag. Und wer hier im geistlichen Sinne sein Leben neu beginnen durfte und zeichenhaft dafür ein neues weißes Kleid angelegt bekam, legte es nach altem Brauch am darauf folgenden Sonntag, am Quasimodogeniti, wieder ab. Deshalb wird dieser Sonntag, auf den wir zugehen, auch „weißer Sonntag“ genannt. Quasimodogeniti, auf Deutsch heißt das, „wie die neugeborenen Kindlein“, gilt auch heute als Taufgedächtnis- oder Konfirmationstag .
Wie die „neugeborenen Kindlein“, die Frische , die Neugierde, den Mut zu einem Neuanfang finden. Darauf vertrauen können, dass ich in meiner Einmaligkeit, mit meinen Stärken und Schwächen Gottes geliebtes Kind bin. Das kann mir Durchhaltekraft in schwierigen Situationen verleihen. Deshalb kann der Tauf- oder Konfirmationsspruch oder auch ein anderes Wort Kraftquelle für mein Leben sein.
Das Erinnern an die Zeiten der Begleitung und Durchhilfe, ermöglicht wieder Land zu gewinnen.
Mit dem zu rechnen, bei dem kein Ding unmöglich ist, dessen Wege erst beginnen, wo wir mit unserem Latein am Ende sind. Jeder kennt Menschen, die vertrauensvoll die neuen Wege gegangen sind. Wenn zum Beispiel, nach dem Verlust eines lieben Menschen, eine neue Aufgabe ergriffen wird und schlummernde Talente zum Vorschein kommen und man quasi über sich hinaus wächst.
Oder wenn die Überforderten, die Ausgelaugten vielleicht den Mut finden, die anderen Eignungen auszuprobieren und zu neuen Ufern aufbrechen. Auch in der gegenwärtigen Krise, so sehr sie uns auch einschränkt und bedroht, werden wir einen neuen Anfang wagen. Mir hilft der Gedanke an Ostern und die Zusage, dass das Leben stärker ist als der Tod. Das Vertrauen in die Kraft und die Größe Gottes und seine Verlässlichkeit im Erhalt seiner Schöpfung. Denn nur „einer, der ist ewig und an allen Enden und wir in seinen Händen“, um es mit den Worten der Motette von Hans Georg Nägelie zu sagen. Aktivieren wir unser Erinnerungsvermögen, was Gott an uns und für uns und durch uns getan hat. Auch gegenwärtig, die kleinen Lichtblicke zu sehen. Wenn durch den großen sozialen Einsatz der Zusammenhalt in der Kommune gestärkt wird. Wenn Menschen kreativ werden und sich verändern lassen, sich auf Neues einstellen. Sich dabei vielleicht aufs Wesentliche im Leben besinnen (Was brauche ich wirklich?, Worauf kann ich verzichten?) Sind mir nicht oft ungeahnte Kräfte geschenkt worden, wenn ich Dinge durch meinen kleinen Anteil weiter voran bringen konnte? Dank Ostern stehe ich im Kraftfeld des auferstandenen Herrn. So kann ich meine menschlichen Grenzen und mein Scheitern akzeptieren und jeden Tag gespannt sein, was Gott aus meinem Stückwerk macht. Ein großes Beispiel für Willenskraft und Gottvertrauen ist der evangelische Theologe und Pädagoge Hermann August Francke. Klein beginnend, mit der Schaffung einer Armenschule aus Spenden gründete er 1700 eine regelrechte für Europa beispielgebende Schulstadt, die bis heute bestehende Franckische Stiftung. Sein Anliegen, die von Gott geschenkten Begabungen zum Wohl des Nächsten, also dem Gemeinwohl, zu entwickeln, damit die Schüler Hoffnung und Lebenswerte verbreiten. Symbolisch dafür stehen die zur Sonne aufsteigenden Adler über dem Haupteingang zu den Franckischen Stiftungen in Halle(Saale) zusammen mit seinem Leitspruch: „Die auf den Herren harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ ( Jesaja 40,31) So mögen wir auch die Hoffnung von Ostern weitergeben und mit Adleraugen auch die Menschen und Dinge sehen, die unsere Hilfe brauchen und Ermutigung einen Neuanfang zu wagen.