27.12.2022
Besinnungswort zum 24.12.2022

von Almut Ehrhardt

Almut Ehrhardt

Advent 2022: Durch festlich geschmückte Fußgängerzonen mancher Städte ziehen Menschen, die Plakate vor sich her tragen. Ihre Gesichter sind von Zorn verhärtet. Die Passanten, denen sie begegnen wenden sich entweder genervt ab oder antworten mit ebenso wütenden Parolen. Verhärtete Fronten und Hass in einer Zeit, die doch Besinnlichkeit und Frieden verkündet… „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott.“ Nach Monaten der Pandemie, der steigenden Lebenshaltungskosten, der Energiekrise, des Artensterbens und der drohenden Ausbreitung eines Krieges in Europa sind die Menschen vielerorts verunsichert, überfordert oder einfach nur von Angst beherrscht. Mit sachlichen Argumenten scheint man nur wenig oder gar nichts mehr zu erreichen. „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott.“ So steht es in der Bibel bei dem Propheten Jesaja. Das Volk Israel brauchte Trost. Sie waren im Exil, in der Verbannung. Sie fragten sich: Hat uns unser Gott vergessen? Wir leben nicht in der Verbannung, aber unsere Zeit ist voller Spannungen und Zerwürfnisse. „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott.“ Wann sind Sie das letzte Mal getröstet worden?  Ich meine nicht vertröstet, sondern wirklich getröstet. Als Kind wird man getröstet, aber je älter man wird, desto seltener bekommt man Trost. Ist das auch Ihre Erfahrung? Und wenn Sie einmal getröstet worden, was hat Ihnen geholfen? Worin bestand der Trost? Hat jemand zugehört?  Ohne einen schlauen Kommentar abzugeben? Einfach einen Moment Zeit haben, ein stiller Raum, gemeinsames Beten, eine Tasse Tee oder eine Hand auf der Schulter… nicht niederdrückend, sondern Mut machend. Und dann konnten Sie vielleicht wieder ruhiger schlafen, oder Sie sind erhobenen Hauptes weitergegangen. Sie konnten aufatmen, weil jemand die richtigen Worte gefunden hat. Trost war wichtig für das Volk Israel vor 2600 Jahren, Trost ist heute genauso wichtig! Trost gibt Kraft dunkle Zeiten durchzustehen. „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott!“ Unser Gott der Allmächtige war immer auch ein Gott des Trostes. Er hält an uns fest, sogar über den Tod hinaus. Er thront nicht in den Wolken, sondern er kommt uns entgegen, er greift helfend ein. Als Kind in der Krippe beginnt seine Geschichte als Mensch unter uns. „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“ Als Kind in der Krippe beginnt Jesus uns schon zu trösten. Gelegenheiten, in denen wir Trost brauchen, gibt es im Moment so einige. Aber es gibt ganz gewiss auch Gelegenheiten, in denen wir andere Menschen trösten können. Trost kann man nicht produzieren wie eine Ware, Trost stellt sich ein, er geschieht, in dem Moment wenn man sich auf sein Gegenüber einlässt. Manchmal kommt Trost unverhofft, nicht geplant, unbeabsichtigt. Ich möchte ein Bild aufgreifen: Ich habe einen Traum, dass die Botschaft der Heiligen Nacht die Menschen in allen Ländern tröstet und sie ermutigt, Frieden zu schaffen, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und auf dieser Erde. Amen.