18.06.2023
Besinnungswort zum 18.06.2023
von Almut Ehrhardt
Alles ist erlaubt…wie toll ist das denn?! Ist es nicht genau das, was sich viele wünschen? Alles ist erlaubt: Es gibt keine Grenzen mehr, oder besser noch: Mir setzt niemand Grenzen. Ich mache nur noch Dinge, die mir sinnvoll erscheinen oder die mir Spaß machen! Ich bin frei zu tun und zu lassen was ich will. Das ist wie Schlaraffenland! Und wenn es alle so machen? Woher kommen dann die gebratenen Tauben, die mir in den Mund fliegen? Der Anfang des 23. Verses im 1. Korintherbrief, Kapitel 10, verspricht viel. Der Vers geht anders weiter als viele sich erhoffen: „Alles ist erlaubt - aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Denkt dabei nicht an euch selbst, sondern an die anderen“. Da ist er wieder, der moralische Zeigefinger der Kirche, denken Sie jetzt. Aber sein wir doch mal ehrlich, wenn jeder nur noch das tut, was ihm Spaß macht, leben wir bald im Chaos. Dass wir mit unseren Wünschen an Grenzen stoßen, wenn es um das Leben in einer Gemeinschaft geht, ist normal. Es ist aber nicht immer schön. Die Freiheit des einen ist begrenzt durch die Freiheit der anderen, anders funktioniert es nicht in einer Gesellschaft. Doch an Grenzen zu stoßen will gelernt sein. Gerade für Heranwachsende sind Grenzen oft frustrierend: Ich bin nicht so schön wie Kian Egan, oder nicht so sexy wie Celine Dion, ich kann nicht so gut Fußball spielen wie Christiano Ronaldo oder ich werde nie in ein Abendkleid von Dior passen. Keine Diät der Welt wird daran etwas ändern. Die Welt ist so ungerecht! Für die einen scheint alles erreichbar, während die anderen sich an den vielen Grenzen die Köpfe stoßen. Beginnen wir die Übung mit dem Einfachen: Nicht nur an mich denken, sondern an die anderen, das funktioniert doch am besten, wenn man verliebt ist. Ich lese meinem auserkorenen Gegenüber jeden Wunsch von den Augen ab und gebe mir Mühe, alles zu tun, damit der geliebte Mensch sich wohl fühlt. Plötzlich fällt es mir auch gar nicht schwer, auf etwas zu verzichten. Weil die Liebe, die mir von meinem
geliebten Menschen zurückgegeben wird, mich für den Verzicht reich belohnt: Mit Schmetterlingen im Bauch, mit Freude, mit einem fröhlichen Lachen oder mit entspannten gemeinsamen Stunden. Das nächste Level erreichen wir, wenn wir auch an die Menschen denken, die wir nicht kennen, beispielsweise ein Kleidungsstück nicht kaufen, weil wir wissen, dass Kinder in fernen Ländern dafür an einer Nähmaschine 10 Stunden und mehr schuften mussten, anstatt in der Schule zu sitzen und zu lernen. Wir kennen diese Kinder nicht, aber wir können mit dem Boykott solcher Kleidung dazu beitragen, dass sie in die Schule gehen, lernen, und so Chancen auf eine bessere Zukunft haben.
Die andere Seite der Medaille ist, dass Grenzen auch dazu dienen, mich zu schützen. Die Diskussion um Kindeswohlgefährdung zeigt es ganz deutlich: Es ist nicht alles erlaubt, niemand hat das Recht, einem Kind seelisch oder körperlich weh zu tun,. Warum schreibt Paulus in seinem Brief an die Korinther über dieses Thema? Die Korinther waren eine der ersten christlichen Gemeinden. In Korinth waren Menschen verschiedener Kulturen, Sprachen,
Religionen und Nationalitäten versammelt. Die christliche Gemeinschaft bestand also nicht nur aus ehemaligen Juden. Die ersten Christen waren unsicher, was durften sie und was nicht? Sollten sie die, teils recht strengen, Regeln der Juden übernehmen? Wie sollte die Christliche Gemeinde gestaltet werden? Ihnen antwortet Paulus: Alles ist erlaubt, aber nicht alles tut der Gemeinschaft gut. Bevor ihr handelt, überlegt, was dazu gut ist, dass die christliche Gemeinschaft gelingt, dass sich alle bei euch wohlfühlen und dass ihr nach außen zeigt, dass ihr würdige Nachfolger Jesu Christi seid. Das ist ein hoher Anspruch, es gehört ein bisschen Übung dazu. Zum Glück haben wir ein Geländer, an dem wir uns beim Üben entlang hangeln können: Gottes Wort, die Taten Jesu Christi und die Unterstützung des Heiligen Geistes. Mehr braucht es nicht. Aber auch nicht weniger. Amen.