05.04.2020
Palmsonntag 2020 - Predigt-Impulse

Gedanken aus dem Predigtgespräch im Selfie-Gottesdienst am Palmsonntag (5. April 2020) in Suhl von Superintendentin Jana Petri

Wir haben uns über das Sonntagsevangelium (Johannes 12, 12-19) ausgetauscht.

12 Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien:Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! 14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): 15 „Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.“ 16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte. 17 Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. 18 Darum ging ihm auchdie Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.

Dieses Evangelium lesen wir jedes Jahr am Palmsonntag. Wir kennen die Geschichte. Wir wissen auch wie sie weiter geht: dass Jesus leiden und sterben muss. Und dass am Ende seine Auferstehung steht. Gerade spricht mich die eigentlich vertraute Geschichte ganz neu an.

Die Menschen jubeln Jesus zu. Warum eigentlich? Schließlich wird er auf dem Esel nicht wirklich ein herrschaftliches, königliches Bild abgegeben haben. Vers 17 und 18 verraten den Grund: Jesus hatte Lazarus von den Toten auferweckt. Dieses Wunder begeisterte die Massen und es war ihnen ein Hinweis darauf, dass mit Jesus das Reich Gottes, seine Herrschaft, anbricht. Deshalb jubeln sie ihm zu, deshalb ziehen sie ihm entgegen. Sie legen ihre Kleider auf den Weg und streuen Palmzweige vor ihm aus. Aus diesem Grund heißt der Sonntag heute Palmsonntag. Das Volk jubelt Jesus zu. Ihr Ruf Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! zeigt das Ausmaß ihrer Hoffnung. Die Menschen erwarten von Jesus einen Umbruch, einen Neuanfang. Sie erwarten, dass Gott endlich seine Macht vor aller Welt zeigt. Was erwarten wir von IHM? Jetzt, in diesem besonderen Jahr, in dem es gerade keinen„normalen Alltag“gibt?

Und dann kommt ER so ganz anders als erwartet. Er kommt nicht mit großem Glanz und Gloria, nicht hoch zu Ross. Der Gott der Väter und Propheten setzt sich auf einen Esel. Und er zeigt uns damit, dass es ihm nicht um Macht und Geld geht, sondern um Frieden und Gerechtigkeit. Sein Reich ist nicht von dieser Welt. Die Jünger haben das damals nicht verstanden, sondern erst im Rückblick erkennen können.(vgl. Vers 16) Was wir gerade erleben, das kann ich im Moment auch nicht verstehen. Und ich scheue mich, da etwas zu deuten und Dinge hineinzulesen.Ich bin nicht Gott und ich habe nicht seinen Weitblick. Vielleicht schließt er uns eines Tages im Nachhinein auf, was der Sinn hinter all dem ist.

Jesus und die Jünger sind unterwegs nach Jerusalem. Sie wollen –wie jedes Jahr –Passa feiern. Aber für Jesus ist dieses Passafest nicht eines unter vielen. Es werden Dinge passieren, die die Welt verändern. Auch wir sind vor wenigen Wochen noch auf das Osterfest zugegangen, wie jedes Jahr: in den Geschäften die Schoko-Osterhasenund die Osterglocken, jeder im alltäglichen Arbeitsstress, der Urlaub und die Familienfeiern längst geplant. Alles vertraut und jetzt so anders:keine Reisen, keine Konzerte, keine Fußballspiele, keine Grillfeste, kein unbeschwerter Geschenkeeinkauf, keine Versammlungen, keine Gottesdienste.Unsere Routinen erscheinen wie Relikte aus einer vergangenen Zeit.

Jesus wird in Jerusalem wie ein König empfangen. Dass sich schon wenige Tage später das Blatt komplett wenden wird, dass er verraten, ausgeliefert, gefoltert und getötet wird, hat keiner geahnt. Das konnten sich die Menschen beim feierlichen Einzug Jesu in Jerusalem noch nicht vorstellen. In ihrem Denken gab es keinen leidenden und sterbenden Messias. Zu sehr waren sie geprägt von den irdischen Kategorien der Macht, der Herrschaft und der Ehre. Aber innerhalb kürzester Zeit hat sich alles verändert. So wie gerade bei uns. Worauf gehen wir zu? Ungewissheit, Angst,Einsamkeit und Überforderung durch die unterschiedlichsten Informationen und Vorgaben lassen uns nicht selten verstummen in den letzten Tagen. Und doch haben das Böse, das Leid und die Traurigkeit nicht das letzte Wort.Nach dem Karfreitag wird es wieder Ostern.Deshalb dürfen wir unserem Herrn heute zujubeln und wir wollen es tun, weil wir wissen, dass uns seine Liebe trägt und hält. Hosianna, dem Sohn Davids. Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!

AMEN.