24.12.2019
Gedanken zum Weihnachtsfest

Gedanken zum Weihnachtsfest von Superintendentin Jana Petri

Superintendentin Jana Petri

Wir feiern – wie alle Jahre wieder – Weihnachten. Was verbinden Sie mit dem Weihnachtsfest? Zusammensein mit der Familie, Gänsebraten, den Weihnachtsmarkt mit Glühweinständen, Besinnung, hektische Menschen auf der Jagd nach Geschenken, den festlich geschmückten Weihnachtsbaum, ein paar freie Tage, leuchtende Kinderaugen, das Krippenspiel in der Kirche, weiß verschneite Landschaften oder etwas ganz anderes?

Wie auch immer: für die meisten ist Weihnachten mit allem, was dazugehört, das wichtigste Fest des Jahres. Man kommt einfach nicht daran vorbei, obwohl sich die Geister daran scheiden. Viele mögen dieses ganz besondere Fest, das uns verzaubern kann. Andere wollen es am liebsten abschaffen. Da wird regelmäßig gemeckert über den Geschenkemarathon, zu fettes Essen, Weihnachtskitsch oder die angespannt lockere Familienstimmung. Aber am Ende feiert doch jeder mit – alle Jahre wieder. Das ist schon ein bisschen verrückt.

Verrückt ist auch die Erwartung, die viele an Weihnachten haben. Sie erträumen sich, dass alle glücklich strahlen, das Essen gut schmeckt und die Familie liebevoll vereint um den Baum versammelt ist. Weihnachten soll das Fest der Harmonie sein. Leider ist das in vielen Fällen nur eine Wunschvorstellung, denn tatsächlich hängt gerade an den Weihnachtstagen ganz besonders oft der Haussegen schief. Trotzdem bleibt die Sehnsucht danach, dass endlich einmal alles stimmt. Es bleibt die berechtigte Hoffnung auf Geborgenheit, Sicherheit und Gemeinschaft – auf ein Leben, das gelingt. Deshalb sitzen wir in dieser Zeit auch so gern vor dem Fernseher und sehen uns gemütlich herzergreifende Geschichten an. Geschichten, die von Heimat, Verständnis, Liebe und dem Guten in der Welt erzählen. Wenn es draußen kalt und ungemütlich ist und der Tag gefühlt zu zwei Dritteln dunkel ist, dann brauchen wir ein Happy End. Aber warum glauben wir solchen Geschichten, obwohl uns die Nachrichten jeden Tag etwas ganz anderes lehren? Warum glauben wir sie trotz der ernüchternden Erfahrungen von Gleichgültigkeit, Neid, Hass und Gewalt, trotz der täglichen Geschichten von Einsamkeit, Leid, Krankheit und Tod? Warum glauben wir dennoch, dass es sein kann, dass arme Leute mutig handeln, dass es tiefe Liebe gibt, die alles zu opfern bereit ist und dass Bosheit am Ende überwunden werden kann? Warum weigern wir uns zu glauben, dass letztlich nur noch die bösen Geschichten übrigbleiben und die guten verstummen?

Vielleicht liegt es ja daran, dass uns das Weihnachtsfest eine Geschichte erzählt, die allen anderen guten Geschichten einen Grund gibt. Die Weihnachtsgeschichte, die von armen Menschen handelt und von tiefer Liebe, von einem kleinen Dorf am Rand der Weltgeschichte und von einem Kind, das unter erbärmlichen Umständen geboren wird. Die Weihnachtsgeschichte, die gar nicht harmonisch und idyllisch beginnt. Sie erzählt uns von Maria, die durch den Engel Gabriel gesagt bekommt, dass sie schwanger werden und den Sohn Gottes zur Welt bringen wird. Und sie erzählt von Josef, der mit der Schwangerschaft seiner Verlobten so seine Schwierigkeiten hat. Schließlich wusste er, dass er nicht der Vater sein kann. Aber Gott klärt ihn über die Zusammenhänge auf und so bleibt er bei Maria und übernimmt die Verantwortung für sie und das Kind. Josef und Maria kommen durch die von Kaiser Augustus angeordnete Volkszählung nach Bethlehem, wo sie keinen anderen Schlafplatz finden als einen Stall. Dort wird Jesus geboren und in eine Futterkrippe gelegt. Merkwürdige Dinge ereignen sich in der Heiligen Nacht. Da sind Hirten, die von der Weide kommen und das Neugeborene bestaunen. So armselig der Ort, so großartig ist die Szene: Himmel und Erde berühren sich. Der Evangelist Lukas beschreibt, dass Engel die Botschaft der Heiligen Nacht verkünden: „Fürchtet euch nicht! Freut euch! Denn für euch ist heute der Retter geboren. Es ist Christus, der Herr.“ Das ist die Weihnachtsgeschichte, die alle Jahre wieder erzählt wird - auch in diesem Jahr 2019 nach Christi Geburt. Sie verkündet uns die frohe Botschaft, dass Gott im Stall von Bethlehem Mensch geworden ist wie wir. Dass er sich im Kind in der Krippe so klein gemacht hat, damit wir die Angst vor ihm verlieren. Jedes Weihnachten erinnert daran, dass Gott durch Jesus Ja zu uns sagt – damals wie heute. Immer noch rettet er aus Verzweiflung. Immer noch verzeiht er Fehltritte und gibt uns die Chance zu einem neuen Anfang. Immer noch schenkt er Kraft und Mut, auch in scheinbar ausweglosen Situationen. Immer noch gönnt er uns Glück und tröstet im Leid. Er verspricht uns kein perfektes Leben – aber ein Leben, das erfüllt ist. Er kann unser Inneres hell machen und er ist nie weiter als ein Gebet von uns entfernt. Das ist die Wahrheit, die jedes Jahr am Weihnachtsfest neu in uns geboren werden will – in allen Glanz und Glitzer, aber auch und gerade in die Dunkelheiten unseres Lebens hinein. Der Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen, aber auch der in die Geschäfte und Wohnzimmer überall auf der Welt macht deutlich: wir brauchen die Weihnachtsbotschaft – alle Jahre wieder. Wir brauchen Jesus, der für uns geboren wird und seine Botschaft von Liebe und Frieden. Gott hat uns durch Weihnachten viel zu sagen. Er hat uns immer noch nicht aufgegeben und wird das auch nicht tun. Die Hoffnung liegt vor uns und lebt: als Kind in der Krippe im Stall von Bethlehem.

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!