05.03.2020
Besinnungsworte
von Pfarrer Andreas Barth, Schleusingen
Vielleicht haben Sie ihn schon mal gesehen, den Film „Easy Rider“. Sein Hauptdarsteller, Peter Fonda, der auch das Drehbuch schrieb. Er wird an diesem Sonntag 80 Jahre alt. Im Film war er jung und wild und ungestüm. Ein Kleinkrimineller, der auf seinem aufgemotzten Motorrad mit ein paar Gleichgesinnten quer durch Amerika fährt. Die langen Haare flattern im Wind, alles riecht nach Freiheit. Friedliche Begegnungen mit Hippies wechseln sich ab mit Gewaltorgien, wenn anständige Bürger auf die Motorradgang stoßen, deren größtes Verbrechen es ist, anders leben zu wollen.
Amerika, Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ein freies Land, über Jahre geprägt von Toleranz. Der Film „Easy Rider“ zeigt das Gegenteil davon und verstörte deswegen nicht wenige Menschen. Trotzdem konnte der Film das Gefühl unbedingter Freiheit inszenieren.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, heißt es auch in Psalm 31. Klingt nach Easy Rider, nach unendlicher Weite und unendlicher Freiheit. Was aber drum herum steht in dem Psalm, scheint auf den ersten Blick nicht zu passen, zum Beispiel: „Vor Gram sind mir Auge, Seele und Leib zerfallen. In Kummer schwand mein Leben dahin, meine Jahre vor Seufzen. Meine Kraft ist ermattet.“ Es ist nicht untypisch für Psalmen, schlagartig umzuschwenken: von der Klage zum Lob, von der Verzweiflung zur Hoffnung. Das macht sie lebensnah. Wie viele Tage in Ihrem Leben gab es, an denen Sie nur Grund für das eine hatten, nur Lob oder nur Klage?
Über all den einzelnen Anlässen steht aber etwas anderes, etwas Größeres: das sogenannte Lebensgefühl. Das entscheidet darüber, wie wir die Dinge wahrnehmen, ob das Glas halb voll ist oder halb leer. Das ist nicht zu verwechseln mit „die Dinge schönreden“ oder alles „schlechtreden“. Es wurzelt tiefer.
Das Lebensgefühl der Menschen, die die Psalmen geschrieben haben, war meist: Ich bin geborgen bei Gott. Diese Geborgenheit macht mich frei. Frei von Zwängen, frei von Schicksal, frei vom Urteil anderer. Nicht, dass mir ab jetzt nichts Schlimmes mehr passieren würde — das wäre zu schön. Aber was auch immer geschieht, es geschieht mit Gott an meiner Seite; mit Gott über mir und mit Gott hinter mir. Er umfängt mich von allen Seiten. Er stellt meine Füße auf weiten Raum. Und das heißt auch: Die Zwänge, die uns umgeben, sind nicht das Letzte. Es bleibt mit Gott in unserem Leben genug weiter Raum.
In diesem Sinne: Bleiben Sie behütet!